Der Gottesanbeter

Jean-Henri Fabre wurde 1823 in Südfrankreich geboren. Er wuchs in bescheidenen Verhältnissen auf. Bis auf seine Leidenschaft für die zu dieser Zeit noch recht bedeutungslosen Naturwissenschaften gab es wenig Außergewöhnliches. Allerdings waren sein Fleiß und seine Intelligenz überdurchschnittlich. Er machte mehrere akademische Abschlüsse, wurde später Mitglied der Ehrenlegion. Zunächst begann seine Laufbahn jedoch als Lehrer, bis er 1870 in Avignon vor einer Mädchenklasse die Sache mit den Blumen und den Bienen erklärte. Wohlgemerkt nur auf Blumen und Bienen bezogen. Er musste den Lehrerberuf aufgeben, und verfasste stattdessen in großer Zahl Unterrichtsmaterial, was ihm ein komfortables Leben ermöglichte.

Der Sammlungsraum im Harmas, oben Herbarien
https://www.harmasjeanhenrifabre.fr

1880 erwarb er ein geräumiges Wohnhaus mit angrenzendem Garten in Sérignan bei Orange, seinen „Harmas“, kniete sich auf die Erde und beobachtete, was das kroch und krabbelte, er wurde Insektenforscher, Entomologe. 1915 stirbt er im Alter von 92 Jahren und hinterlässt das neunbändige Werk »Souvenirs entomologiques«.

http://www.harmasjeanhenrifabre.fr/fr/agenda/fabre-levezou-harmas-2389

Fabre war nicht an dem inneren Aufbau von Insekten, den man am toten Tier erforschte, interessiert, sondern an ihrem Verhalten, ein recht modernes Interesse in der damaligen Zeit. Er hatte noch keinen wissenschaftlichen Apparat und keine Terminologie zur Hand um seine Beobachtungen zu beschreiben. Hier beginnt seine Kunst. Er fand neben Metaphern aus allen möglichen Bereichen, oft des Menschlichen, sehr einfühlsame und als poetisch empfundene Beschreibungen für die Ergebnisse seiner Beobachtungen, zumal er auch Literarisches publiziert hat. Er wurde zweimal für den Nobelpreis für Literatur vorgeschlagen. Voller Anerkennung wird er auch der „Homer der Insekten“ genannt. Auch private Anekdoten schob er ein, zum Beispiel über eine Chemiestunde in de Schule oder die Besteigung des Mont Ventoux. Übrigens war er auch noch ein ausgezeichneter Aquarellist, sein Thema hier waren Pilze.

Seine bekanntesten Beschreibungen betreffen einmal die Prozessionsspinnerraupe, die unseren heutigen Wäldern noch das Leben schwer macht. Fabre war fasziniert davon, wie eine ganze Kette von Raupen wie ein Prozession blind der ersten auf einen gesponnenen Faden folgt, der durch jeden Teilnehmer um einen weiteren ergänzt wird. Die Verpuppung erfolgt in Kokons, die zu den bekannten Gespinsten verbunden werden. Einigen Arten dienen sie auch als Wohnraum.

Auch das Verhalten des Skarabäus oder (heiligen) Pillendrehers beschreibt er sehr liebevoll. Der Käfer dreht gefundenen Kot so lange, bis er die Form einer Kugel angenommen hat. In die Kugeln, die sorgfältiger konstruiert wurden, wird ein Ei gelegt, er selber gibt sich mit gröberer Kost zufrieden. Bereits die Ägypter beobachteten dieses Tier, das für sie zu einem Symbol für den Aufgang der Sonne und für die Entstehung des Lebens war.

Quelle: picture-alliance/James Hager https://www.welt.de/reise/Fern/gallery130442615/Pillendreher-wittern-Kot-der-Elefanten-meilenweit.htm

Die bekannteste Beschreibung von Insekten hat er über die Gottesanbeterin, Mantis Religiosa, verfasst. Offensichtlich den Topos einer männlichen Urangst. Das größere Weibchen hat die Angewohnheit, das sie begattende Männchen nach vollzogener Paarung aufzufressen. Manchmal dreht es sich noch während der Paarung nach hinten und beginn schon einmal mit dem Kopf. Dieses Bild ist in der französischen Literatur daraufhin recht häufig wiederzufinden. (Man verzeihe mir das Wortspiel im Titel, denn Fabre war alles andere als mörderisch, jedoch sah er auch im niederen Getier ein Produkt von Gottes Schöpfung, dem er mit Ehrerbietung begenete.)

Sérignan ehrt seinen prominenten Bewohner auf einem Kreisverkehr am Ortseingang, der als einer der zehn Hässlichsten von ganz Frankreich klassifiziert wurde, eine Meinung der weder ich, noch der berichtende Autor zustimmen, mit einem imposanten Denkmal in Form seines bekanntesten Studienobjekts.

L’instant rond point avec la mante religieuse de Sérignan-du-Comtat #vaucluse #fabre @IsaLassalle (Twitter)

Bei der Gestaltung dieses Beitrags habe ich folgende Quellen zu Rate gezogen:
1. Die französische Seite von Wikipedia zu Jean-Henri Fabre (https://fr.wikipedia.org/wiki/Jean-Henri_Fabre).
2. Die deutsche Übersetzung und Zusammenstellung einiger Kapitel aus den »Souvenirs entomologiques« durch Kurt Guggenheim, Frauenfeld 1977.
3. Ein Informationsblatt der Gemeinde Serignan-du-Comtat zu Fabre von einem unbekannten Autor.
4. Le Rond-Point Moche De Sérignan-Du-Contat (Vaucluse 84), Publié par Jipai sur 24 Décembre 2017, 11:54am.
http://jipai.over-blog.com/2017/12/le-rond-point-moche-de-serignan-du-contat-vaucluse-84.html
(Korrek:t Sérignan-du-Comtat)

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