
Die Höhlenmalereien von Lascaux in der Dordogne sind die bekanntesten Beispiele für eine Vielzahl von Werken aus der Urzeit. Nach ersten Schätzungen sind sie 15 000 bis 17 000 Jahre alt, es wurden dann aber noch ältere Höhlenzeichnungen gefunden, die eine Datierung zwischen 19 000 und 36 000 Jahren nahelegen.
Was waren das für Wesen, die diese Bilder geschaffen haben und warum? Man sollte doch meinen, dass man von 20 000 Jahren noch genug mit dem Überleben beschäftigt war, in einer unwirtlichen und gefährlichen Umgebung mit nur wenigen Hilfsmitteln. Bilder aus Lebensfreude oder zur Dekoration in dunklen Höhlen?
Vielleicht dienten sie zur Vorbereitung der Jagd, um zu zeigen, wo und wie man welche Tiere am besten erlegen konnte. Eine Schule der Urmenschen. Vielleicht sollten sie auch von den Erfolgen der Jäger Zeugnis ablegen, Vorläufer unserer Geschichtsbücher. Oder es gab mystische oder religiöse Gründe, aus denen man eine lebensnotwendige Nahrungsquelle positiv beeinflussen wollte. Es gibt bestimmt noch weitere Möglichkeiten.
Was für mich aber heraus sticht, ist, dass Tiere keine vergleichbaren Produkte erschaffen haben. Dass es also Menschen waren. Und das in diesem Fall der Beginn der Menschheit mit den Entstehen der Kunst, aus welchem Grund auch immer, gleichgesetzt werden kann.
Unser Vorläufer in der Entstehung der Menschheit ist der Cro-Magnon Mensch, der vor 50 000 bis 40 000 Jahren in Europa in Erscheinung trat. Die Nebenlinie der Neandertaler, mit geringerer Gehirnleistung, aber muskulöserem Körper starb von ca. 30 000 Jahren aus. Ob ein Austausch dieser beiden Arten in der Zeit ihrer gleichzeitigen Existenz stattgefunden hat, wird diskutiert. In Portugal wurde das Skelett des sogenannten Lagar-Velho Kindes gefunden, das als Hybridwesen aus Neandertaler und Cro-Magnon-Mensch eingestuft wird. Einigkeit herrscht in der Wissenschaft darüber aber nicht. Andererseits soll das Genmaterial der Europäischen Menschen zu 1 % von dem Neandertaler stammen. Auch an dieser Schnittstelle könnte man den Beginn der Menschheit verorten, wobei die Höhlenmalereien immer noch dem Cro-Magnon-Menschen zuzuordnen sind.

In seinem Film „Am Anfang war das Feuer“ von 1981, der gänzlich ohne verständlichen Text auskommt, schildert Jean-Jacques Annaud seine Sichtweise. Auch hier begegnen sich Neandertaler und Cro-Magnon-Menschen. Der Evolutionssprung wird hier durch das Feuer dargestellt, das die Neandertaler bewahren, sobald es zum Beispiel durch einen Blitzeinschlag entstanden ist, die Cro-Magnons aber können es herstellen. Außerdem enthält der Film Anspielungen auf moralische Komponenten, wenn die Neandertaler die Cro-Magnon-Menschen aus den Klauen von Kannibalen befreien oder auch romantische. Die Cro-Magnon-Frau fordert beim Liebesspiel den Blickkontakt, während der Neandertaler zunächst versucht, eine animalischer anmutende Variante durchzusetzen.
Ich denke, auch hier wird darüber nachgedacht, an welchen Merkmalen sich der Beginn der Menschheit festmachen lassen kann. Ich möchte dazu einladen, auch das Entstehen der Kunst diesem Punkt zuzuordnen. Wir erleben gerade eine Zeit, in der das Ende der Menschheit denkbar wird, parallel dazu hat der IS zum Beispiel in Mossul und Palmyra Kunstschätze zerstört, ebenso die Taliban in Bamiyan. Das wird nicht jedermann interessieren, aber das Nachdenken, also zunächst das Denken überhaupt, ist ebenfalls Kennzeichen des Menschlichen und die Kunst war immer ein willkommener Anlass, dieses zu beflügeln.