Vorwort: Kann das weg?

– Ein bekanntes Bonmot, etwas angepasst, im Zusammenhang mit Kunst, ausgehend von einer zum Kunstwerk weiter entwickelten Badewanne, die zum Gläserspülen erst einmal grundgereinigt wurde. Aber wie soll man das auch wissen? Und was soll das überhaupt?

Joseph Beuys:’ Badewanne, eigentlich „unbetitelt (Badewanne)“ (1960),
Bild von fotocommunity.de)

Ich möchte ein wenig darüber erzählen, was das soll. Normalerweise beschränkt sich unsere Auseinandersetzung mit Kunst auf die Schulzeit, wo mehr oder weniger begabte Pädagogen mehr oder weniger Interesse wecken für etwas, das auf den ersten Blick nutzlos erscheint. Meistens weniger.

Warum trotzdem? Da gibt es für mich mehrere Gründe. Die meisten wissen, dass unser Gehirn aus zwei Hälften besteht, die linke, die die rechte Körperhälfte steuert, die auch zuständig ist für Sprache, logisches Denken, Mathematik, all das was in unserer Gesellschaft nützlich, wichtig ist und sich am besten schließlich in barer Münze auszahlt. Oft benutzt, wird diese Hirnhälfte quasi trainiert. Die Rechte hingegen ist zuständig für Gefühle, Musisches wie Musik, Kunst, Wortspiele, Kreativität. Hier ist meist weniger los, bei Frauen in der Regel mehr, auch bei Asiaten, die eine bildlichere Schrift haben als wir. Die Verbindung der beiden Gehirnhälften erst macht in diesen Bereichen einen vollständigen Menschen aus. Das klappt aber meistens nicht so gut, weil die eine Seite stärker ist und die andere nicht zum Zug kommen lässt. So ist man ein bisschen amputiert, ohne es zu merken. Das kann man alles irgendwo lesen, aber lebendig wurde es für mich durch einen befreundeten Comic-Zeichner, der bekundete, mit der rechten Hand zu schreiben, durchaus viel übrigens. Beim Zeichnen hingegen benutze er die linke Hand. Und da bei Comics auch Schrift vorkommt, nimmt er auch hierfür die linke Hand, wobei die Schrift da anders aussieht und ihm dort auch Rechtschreibfehler unterlaufen, rechts nicht. Da wurde mir klar, dass unser Gehirn ein Eigenleben führt und uns damit steuert, ohne dass wir es merken. Wenn ich also hier schreibe, dann ist es auch ein Versuch, die möglichen Leser vielleicht etwas auf die „rechte“ Seite zu ziehen

Heribert Schulmeier: Skizzen zu Alwina und Nelli (Bild: heldenstücke )

Ein weiterer Grund wäre zum Beispiel die Steigerung der Bereitschaft, sich mit etwas auseinanderzusetzen, das man noch nicht oder nicht so gut kennt, etwas Fremden eben. Bei einer ständig sich erweiternden Globalisierung und dem gleichzeitigen und häufigen Rückzug auf Traditionen innerhalb eigener, engerer Grenzen, ist das meiner Meinung nach ein Bestreben, das von vielen Seiten aus unterstützt werden sollte. Und welchen besseren Ort für die Freiheit des Denkens gäbe es, als die Kunst?
Und für mich ist einfach auch Freude damit verbunden, mich mit den verschiedensten Werken auseinanderzusetzen. Vielleicht ist das ja ansteckend.

Seit die Kunst die Wirklichkeit nicht mehr nur abbildet, sondern ihre innere Struktur durchleuchtet, wird sie „abstrakt“. Konnte man bei Impressionisten und Expressionisten noch „etwas“ wiedererkennen, ließ das in der Abstraktion nach. Ab hier reagierten die uneingeweihten Betrachter mit Unverständnis. An dieser Stelle möchte ich punktuell ein wenig nachhelfen. Auch zu den Werken der vorangegangenen Epochen kann es nicht schaden, ein paar Informationen an der Hand zu haben um diese Werke etwas besser verstehen zu können, denn meiner Meinung nach entwickelt sich die Kunst in einer ständigen Auseinandersetzung mit der jeweiligen gesellschaftlichen Wirklichkeit zwischen den Polen von möglichst genauer Darstellung dieser Wirklichkeit und dem Verweis auf etwas Nicht-Sichtbares, am deutlichsten bei den religiösen Inhalten im Mittealter.

Stephan Lochner, Altar der Stadtpatrone, ca. 1442, Dom Köln

Ich hoffe, meine Versuche werden mir nicht als Besserwisserei übel genommen. Die Werke sind punktuell herausgesucht, weil ich in der Regel einen persönlichen Bezug zu ihnen habe. Ich habe zunächst versucht, mich ein wenig an der Kunstgeschichte entlang zu hangeln, parallel dazu an dem Ablauf meiner Biographie. Und dann gibt es noch ein paar plötzliche Ideen, die nirgendwo hineinpassen. In der geplanten Anordnung müsste man die Beiträge von hinten nach vorn lesen, aber die Struktur hat sich doch stark aufgelöst.