Lepus europaeus

Wahrscheinlich der berühmteste Hase der Kunstgeschichte, jede Confiserie, die etwas auf sich hält, bildet ihn in Schokolade nach, den Hasen von Albrecht Dürer.

Albrecht Dürer: Feldhase, 1502, Albertina Wien

Eine naturgetreue Darstellung des Tieres bis in die einzelnen Härchen des Fells, zu Anfang des 16. Jahrhunderts. Aber warum?

„Der Feldhase wird in diesem Bild nicht als Attribut und wahrscheinlich ohne symbolische Bedeutung dargestellt, sondern dient allein der naturhaft dargestellten Präsentation“ (Wikipedia).

Die Kunst der Renaissance wendet sich von den Beschränkungen des Mittelalters ab, in denen der Transport eines meist religiösen Inhaltes wichtiger war, als eine möglichst genaue Darstellung. Diese war sogar unerwünscht, weil sie die Sinne ansprach, die als Einfallstore für die Sünde galten.

„Du musst wissen, schreibt Dürer, je genauer sich einer der Natur durch Nachahmung nähert, umso besser und künstlerischer wird sein Werk.“ (Erwin Panofsky, Das Leben und die Kunst Albrecht Dürers, München 1977, S 327)

Das sind die Voraussetzungen, aber noch immer nicht der Grund. Die Wendung von religiösen Doktrinen zu weltlichen Inhalten entsprach den Befürfnissen eines veränderten Menschenbildes im Humanismus und den Interessen der jeweiligen neuen Auftraggeber. Der „individuelle Kampf mit der Wirklichkeit“ des Künstlers benötigt das entsprechende Rüstzeug. Die Kunst sollte eine genaue Abbildung der Natur liefern und untersuchte deshalb das unter der Oberfläche liegende Geschehen, z. B. die Anatomie, um eine solche Abbildung gelingen zu lassen.

Rembrandt van Rijn, die Anatomie ses Dr. Tulp. 1632, Mauritshuis Den Haag

Dafür zuständig sind die Naturwissenschaften, die es allerdings zu jener Zeit noch gar nicht gab. Also mussten die Künstler selber zunächst Naturwissenschaftler werden. Von hier aus gingen Impulse an die entstehenden neuen Wissenschaften, man denke nur an die Anatomiestudien von Leonardo Da Vinci.

Neben einer naturgetreuen Abbildung auf der Basis der studierten inneren Struktur von Lebewesen, aber auch anderen Bildgegenständen, ist es vor allem die Entwicklung der optischen Perspektive, die als Errungenschaft der Renaissance hervorgehoben werden muss. Wir sehen sie auch in der diagonalen Darstellung des hockenden Hasen, dessen Blickrichtung von dieser diagonalen Ausrichtung nicht abweicht. So entsteht eine relative umfassende Darstellung des ganzen Tieres, auch wenn nur ein Teil sichtbar ist.

Und was haben wir heute davon? Eine wunderbare Abbildung, die man nicht müde wird zu betrachten, einen kurzen Blick auf die Weiterentwicklung der Kunst zu Anfang der Renaissance, der Wiege unserer modernen Welt und den Beginn der Naturwissenschaften. Interessant hieran finde ich die anfängliche Koppelung von Naturwissenschaft und Kunst, die bei genauerem Hinsehen bis heute andauert, denn wie sollten Wissenschaftler sonst zu Visionen kommen, die sie dann mit ihrer Arbeit zur Realität werden lassen?

Und, nicht zu vergessen, als Verbindung von Kunstfertigkeit und Geschmack, einen leckeren Schokoladenhasen!

https://www.leschanz.at/product/duerer-feldhase/

  1. Was für ein Oster-Blog!
    Vielen Dank, kann ich da nur sagen. Ich beneide dich um dein Wissen und freue mich gleichzeitig dass du es mit uns teilst. Es bereitet mir immer eine große Freude von dir zu lernen und die Welt mit deinen Augen zu sehen.

    Frohe Ostern und bleib gesund!

    Maluma

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